von Joachim Lenk
Zwischen Ende der 60er-Jahre und Anfang der 90er- Jahre gehörte der Inhalt des Sondermunitionslagers Golf zu den best gehüteten Geheimnissen in Deutschland. Heute lagern im so genannten Lager „J“, das der Gemeinde Hohenstein gehört, Sprengstoffe einer zivilen Firma, das angrenzende Lager „K“ mit seinen 16 Bunkern hat die Stadt Trochtelfingen an Privatpersonen und Vereine vermietet.
Rückblick: Mitte der 60er-Jahre fällt im Bonner Verteidigungsministerium die Entscheidung: Das neue Sondermunitionslager mit dem Namen „Golf“ entsteht nicht weit von der Engstinger Eberhard-Finckh-Kaserne im Haider Gemeindewald. Die knapp 15 Hektar Fläche befinden auf den Gemarkungen von Trochtelfingen und Meidelstetten auf der Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg.
Am 20. November 1967 werden Nägel mit Köpfen gemacht. Die Bundesvermögensstelle Tübingen kauft das Waldstück den beiden Kommunen für insgesamt 240.000 Mark ab. In den Verträgen steht unter anderem geschrieben, dass das Gelände „für militärische Zwecke der Verteidigung“ genutzt werde. Kurz danach beginnt der Bau der so genannten Munitionsniederlage.
Neben dem Wachgebäude gibt es zwei Wachtürme. Links neben dem Eingang die Heizzentrale, dahinter das „Maintenance & Assembly“-Gebäude, in dem kleinere Reparaturen an den Sprengköpfen vorgesehen sind. Schräg gegenüber steht das Notstromaggregat. Außerdem gibt es einen Feuerlöschteich sowie Stellungen und Laufgräben. Ein paar Meter weiter sind zwei in den Hang gebaute Bunker. Das ganze Areal umgibt eine dreifache Umzäunung, Panzersperren und mächtige Unterstände.
Als Nato-Mitglied ist die Bundeswehr verpflichtet, in Deutschland Nuklear-Gefechtsköpfe der amerikanischen Armee einzulagern. Zuerst für die Sergeant-Raketen, von Mitte der 70er-Jahre an für die leistungsfähigeren Lance-Raketen. Sie sind im Lager Golf, das die Militärs nur „J“ nennen, aufbewahrt.
Im „K“-Lager, das sich einen Steinwurf entfernt auf Trochtelfinger Gemarkung befindet, liegen in den zehn kleinen und sechs großen Bunkern die Raketenmotore sowie Bundeswehr-Munition.
Das Lager ist so konstruiert, dass in den „inneren Sperrbereich“ nur die amerikanischen Soldaten des 84th US Army Fieldartillery Detachments kommen. Den „äußeren Sperrbereich“ bewacht die so genannte „Host Nation“, die Soldaten der in der Eberhard-Finckh-Kaserne beheimateten fünften Batterie des Raketenartilleriebataillons 250.
Als in den 70er-Jahren die Gefahr von terroristischen Anschlägen größer wird, bestehen die Militärs auf noch bessere Sicherheitsmaßnahmen. An den dicken Bunker-Toren aus Stahl werden mit Zement verstärkte Gitter angebracht, die panzerdurchdringende Munition frühzeitig zur Explosion bringt. Kein Wunder. Im Inneren lagern etwa 30 Sprengköpfe in ihren Containern, ist hinter vorgehaltener Hand in Großengstingen zu hören. Offiziell dringt natürlich nichts nach außen.
Ende der 80er-Jahre gleicht das Lager einer uneinnehmbaren Festung. Eine Folge der stärker werdenden Friedensbewegung und der Tatsache, dass der sowjetische Geheimdienst immer wieder Versuche unternimmt, das Lager auszuspionieren.
Im Herbst 1991 geht es rund im Lager „J“. Immer wieder starten und landen dort große Transporthubschrauber der US- Armee. Die GIs transportieren auf dem Luftweg die atomaren Sprengköpfe ab.
Während des Auflösungsappells des Raketenartilleriebataillons 250 am 22. März 1993 bestätigt zum ersten Mal ein hochrangiger deutscher Offizier, der Kommandeur des Artilleriekommandos 2, Oberst Ullrich Schröter, dass im Lager Golf „bis Ende 1991 nukleare Sprengköpfe gelagert waren“.
Nach der Schließung der Eberhard-Finckh- Kaserne übernimmt Ende 1993 die Bundeswehrmögensverwaltung das ehemalige Atomwaffenlager auf der Schwäbischen Alb. Drei Jahre später machen Hohenstein und die Stadt Trochtelfingen Gebrauch von ihrem Rückkaufsrecht.
„Wir haben 2002 das Areal an eine zivile Sprengmittelfirma aus Sachsen vermietet“, sagt Hohensteins Bürgermeister Jochen Zeller. Sie nutzt die beiden Bunker zur Lagerung von gewerblichen Sprengstoffen, die in Steinbrüchen zum Einsatz kommen.
Die wartungsfreien Bunker im ehemaligen „K“-Lager, die zwischen 25 und 190 Quadratmeter groß sind, hat die Trochtelfinger Verwaltung seit 1997 an Vereine und Privatpersonen vermietet, teilt Bürgermeister Friedrich Bisinger mit.
Dieser Text wurde mit freundlicher Genehmigung von Joachim Lenk der Webseite www.eberhard-finckh-kaserne.de entnommen. Sie finden dort weitere Texte und Informationen.